MENSCHEN
Jack O’Connell:
Eine schwierige Aufgabe
Wenn es um seine Arbeit als Schauspieler geht, sind Jack O'Connell keine Grenzen gesetzt: Sein Repertoire reicht von Bad Boys der 2000er über Ärzte aus dem viktorianischen Zeitalter bis hin zu Rennfahrern aus den 50er-Jahren.
Jack O'Connell (er/ihm) ist vor allem dafür bekannt, die Rolle von unberechenbaren jungen Männern zu spielen – der Schauspieler scheint mit diesen jedoch nicht viel gemeinsam zu haben. Bodenständig und mit aufrichtiger Begeisterung für sein Metier: Der 33-Jährige entfernt sich mit jeder neuen Rolle weiter von den Bösewicht-Figuren, die seine frühe Karriere prägten. Seine Reise führte ihn von seiner Heimatstadt in Derbyshire bis nach Hollywood, wo er für Dreharbeiten in aller Welt unterwegs war – von der Arktis bis nach Afrika. Dabei räumte er mit Vorurteilen darüber auf, was Darsteller aus weniger privilegierten Verhältnissen wie er selbst erreichen können.
O'Connell wuchs im bürgerlichen Alvaston auf und sah sich Filmlegenden wie Tom Hanks, Gene Wilder und Julie Andrews im Fernsehen an. Es war jedoch der Fußball und nicht das Filmemachen, den O'Connell als Ausweg aus seinen zunehmend negativen Erfahrungen als Jugendlicher sah. Durch sein Talent wurden Vereine wie der Derby FC auf ihn aufmerksam. Seine Fähigkeiten auf dem Spielfeld erwiesen sich später für seine Rolle als Englands Star Bobby Charlton in der BBC-Serie United als unschätzbar wertvoll. Auch abseits des Bildschirms ist der Sport für ihn weiterhin präsent.
Aus der Fußballkarriere wurde nichts, das Bestehen seiner Schauspielprüfung inspirierte ihn jedoch dazu, nach London zu ziehen, um Schauspiel zu studieren. Kurz darauf erhielt O'Connell eine Rolle in dem bahnbrechenden Teenager-Drama Skins – Hautnah, dem britischen Indie-Vorgänger von Euphoria. Skins – Hautnah diente als Sprungbrett für andere Schauspieltalente wie Nicholas Hoult, Dev Patel und Daniel Kaluuya. Hier verkörperte O'Connell den selbstzerstörerischen James Cook, einen Studenten, der mit Alkohol, Drogen und Identitätsproblemen zu kämpfen hat und sich schließlich zu einem guten Menschen entwickelt. Abgesehen von den vermeintlichen Parallelen zwischen den Handlungssträngen und O'Connells eigenen Verfehlungen als Teenager war Skins – Hautnah eine Gelegenheit für ihn, sich mit männlichen Stereotypen auseinanderzusetzen, indem er den starken männlichen Charakteren eine unerwartete Tiefe und Sensibilität verlieh. Etwas, das er in Filmen wie Mauern der Gewalt, '71 und Lady Chatterleys Liebhaber fortsetzt.
Es besteht also kein Zweifel daran, dass er in seiner Rolle als Blake Fielder-Civil, der umstrittene Ex-Ehemann von Amy Winehouse, in dem kommenden Biopic über ihr Leben Back to Black die gleiche Komplexität und das gleiche Maß an Gefühl zeigen wird. Im Vorfeld der Veröffentlichung des Films in diesem Jahr spricht er über eine bessere Repräsentation in einer unausgewogenen Branche, die Auswirkungen von Sport auf seine geistige Gesundheit und darüber, wie man mit der Kultur Schritt halten kann, ohne damit anzugeben.
„Stil vermittelt eine Botschaft. An einem Tag fühlt man es, an einem anderen Tag ist es einem vielleicht egal.“
DAS ÜBERWINDEN VON STEREOTYPEN
„Um ehrlich zu sein, bin ich mir nicht sicher, wie ich davon weggekommen bin, böse Jungs zu spielen, aber ich mag das Wort ‚rangey‘, um zu beschreiben, was ich kann – obwohl ich mir nicht sicher bin, ob das wirklich ein echtes Wort ist! Ich finde es sehr spannend, dass es einem die Schauspielerei ermöglicht, so gut wie alles zu machen. Ich habe gehört, dass Tom Cruise für sein nächstes Projekt ins All fliegt.“
MODE IST WICHTIG
„Stil vermittelt eine Botschaft. An einem Tag fühlt man es und will es nach außen tragen. An einem anderen Tag ist es einem egal und man trägt das stattdessen nach außen. James Cook aus Skins – Hautnah und ich hatten schon immer einen ähnlichen Geschmack; ich kleide mich immer noch am liebsten ähnlich wie er.“
REPRÄSENTATION IN ANGRIFF NEHMEN
„Seit ich angefangen habe, habe ich gesehen, wie sich die Chancen für weniger privilegierte Schauspieler drastisch verschlechtern. Die Möglichkeiten, die sich mir einst boten, sind nun aufgrund mangelnder finanzieller Mittel nicht mehr gegeben, und wieder einmal herrscht in der Branche ein deutlicher Mangel an Darstellern aus der Arbeiterklasse. Es ist ein gesellschaftliches Problem. Das Erste, was sich ändern muss, ist, dass Kunst im gesamten Bildungssystem als Priorität und nicht als Luxus zugänglich gemacht werden sollte. Dann müssen wir uns überlegen, wie wir Stipendien gerechter subventionieren können, denn die Schauspielschule ist für die große Mehrheit der Menschen in diesem Land einfach nicht bezahlbar. Das ist alles sehr gut machbar.“
„Ich liebe die Vielfalt der Charaktere, die man spielen, und die Orte, die man im Rahmen dieser Arbeit entdecken kann.“
KULTURELLES BEWUSSTSEIN
„Ich halte mich gerne auf dem Laufenden, weil ich gerne alte und neue Dinge entdecke. Es geht nicht darum, ‚up-to-date‘ zu bleiben.“
UNENDLICHE MÖGLICHKEITEN
„Ich liebe die Vielfalt der Charaktere, die man spielen, und die Orte, die man im Rahmen dieser Arbeit entdecken kann. Ich habe einen viktorianischen Chirurgen am Nordpol und einen Lieutenant des Special Air Service in der Sahara verkörpert. Alles ziemlich verrückt.“
MENTALE FITNESS
„Sport ist wichtig; ohne ihn kann ich nicht klar denken.“
PERSPEKTIVENWECHSEL
„Ich sage immer nur ungern, was als Nächstes ansteht, weil ich es nicht verschreien will, aber wenn alles gut geht, werde ich bald zum ersten Mal hinter der Kamera stehen. Ich bin also sehr, sehr aufgeregt.“
SCHNELLFRAGERUNDE
Sind Sie lieber online oder offline?
„Offline.“
Für welche drei Dinge ist Ihre Heimatstadt bekannt?
„Rolls Royce, Tomb Raider und die erste Fabrik der Welt.“
Ein Kleidungsstück, in dem Sie sich besonders wohlfühlen?
„Ein Trainingsanzug (den ich jetzt trage).“
Lieblingslied von Amy Winehouse?
„Diese Woche? Tears Dry On Their Own.“
Text von Ben Perdue
Jack O’Connell trägt die Frühjahr/Sommer 2024 kollektion. Fotos von Karim Sadil. Styling von Jane How.