KAZUKI TABATA: <br>DIE KUNST DES SHIBORI
Kunsthandwerker Kazuki Tabata ist vom grenzenlosen Potenzial des japanischen Shibori fasziniert. Er spricht mit uns über die Bedeutung der Bewahrung traditioneller Handwerkskunst und die glückliche Fügung, die zu seiner Zusammenarbeit mit COS geführt hat.
Shibori ist der japanische Begriff für „auspressen“ oder „auswringen“. Er hat seinen Ursprung in der einfachen Praxis des Reservefärbens, mit dem eine faszinierende Palette an Farben, Designs und Mustern erzeugt werden kann.
Seit der Entstehung des Shibori im 8. Jahrhundert in Japan stieg seine Popularität in der Stadt Kyoto auf Honshu, der größten Insel des Landes, rasant an. Dort sollen saubere Wasservorkommen und große umliegende Flüsse viele Einwohner dazu veranlasst haben, lokale Shibori-Werkstätten zu gründen. Jahrhunderte später gehört auch Kazuki Tabata (er/ihn) zu ihnen. Er ist stolz darauf, durch seine Marke namens Tabata Shibori die speziellen Handfärbemethoden aus Kyoto anwenden zu können.
Seine Shibori-Karriere begann Tabata, ursprünglich ein Fachmann der Tontechnik, nach dem Tod seines Onkels, der im Familienbetrieb als traditioneller Handwerker tätig war. Dies wird vom Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie nach mindestens 12 Jahren Berufserfahrung und bestandenen schriftlichen und praktischen Prüfungen zertifiziert. Mithilfe der Färbeutensilien, die beinahe entsorgt worden wären, brachte sich Tabata die Methode selbst bei. Dabei nutzte er auch die technischen Fertigkeiten seines Ton- und Lichtstudiums, seine entsprechenden Disziplinen und Aspekte des Zusammenwirkens, um seine Shibori-Kreationen zu gestalten.
‘TRADITIONAL CRAFTS CARRY STORIES AND SIGNIFICANCE IN THEIR PROCESSES. WE NEED TO EDUCATE MORE PEOPLE TO APPRECIATE THE ARTISTRY.’
Seit er den festen Entschluss gefasst hat, jahrhundertealte Techniken zu bewahren, widmet sich Tabata viele Stunden lang dem Färben von Hand und kreiert Muster in vollständig manuellen Prozessen mithilfe von Bosen (防染). Bei dieser Methode der Reservefärbung wird der Stoff mit Fäden zusammengebunden, in Plastikfolie eingewickelt, zwischen Bretter geklemmt oder zusammengerafft, wodurch Bereiche entstehen, die keine Farbe aufnehmen. „Diese Methoden werden oft vergessen“, sagt Tabata. „Traditionelle Handwerkskunst trägt Geschichten und Bedeutung in sich. Ich glaube, dass wir mehr Menschen über diesen Aspekt aufklären müssen, damit sie die Kunstfertigkeit, die hinter jedem Exemplar steckt, zu schätzen wissen.“
Tabata beschreibt die Kompatibilität zwischen dem Shibori-Färben und dem Material als „ausschlaggebend“. Er bevorzugt häufig Fasern wie Baumwolle, Leinen und Seide, deren Eigenschaften und Tiefe für eine effektive Farbdurchdringung am besten geeignet sind. Tabatas Markenzeichen sind die Muster und Formen, die durch das Binden von Stoffen entstehen. Sein Spezialgebiet sind Methoden wie Kasa Maki Shibori, das einem aufgewickelten Regenschirm ähnelt; Boshi Shibori, das einem Hut ähnelt; Yukihana Shibori, das Schneeflocken ähnelt; sowie eine einzigartige Technik namens Tako Boshi Shibori, bei der die gebundene Form an einen Oktopus erinnert. Die Färbemittel lehnen sich an traditionelle japanische Farben und Farbtöne an, die in der Natur in allen vier Jahreszeiten vorkommen.
Dadurch, dass Tabata sein Leben dem Shibori widmet, möchte er sicherstellen, dass die Kunstform für die Zukunft bewahrt wird. „In der heutigen Zeit, in der Maschinen und Computer fast alles leisten können, fühle ich mich gerade wegen dieser Bequemlichkeit dazu verpflichtet, das Shibori-Färben für zukünftige Generationen zu bewahren“, bekundet er. Und während Japan auf die älteste Geschichte der Welt zurückblicken kann, begrüßt Tabata das digitale Zeitalter. „Über Social-Media-Plattformen erfahren viele Menschen etwas über das Shibori-Färben. Ich glaube, dass sich Traditionen weiterentwickeln, während sie sich an die Zeit anpassen.“
Wir haben uns mit Tabata getroffen, um mehr über die Traditionen des Shibori und die Ästhetik seiner exklusiven Kunstformen in den Bereichen der Damenmode, Herrenmode und Accessoires in Zusammenarbeit mit COS zu erfahren.
‘IN AN AGE WHERE MACHINES AND COMPUTERS CAN ACCOMPLISH ALMOST ANYTHING, CONVENIENCE COMPELS ME TO PRESERVE SHIBORI DYEING FOR FUTURE GENERATIONS.’
DIE ANFÄNGE DES SHIBORI
„Wenn Handwerker älter werden und die Nachfrage nach Shibori-Färbung zurückgeht, gibt es oft keinen automatischen Nachfolger. Nach dem Tod des Onkels meines Vaters, der ein eigenes Shibori-Geschäft betrieb, wollte meine Tante seine Shibori-Färbeutensilien entsorgen. Ich hatte das Gefühl, das wäre Verschwendung. Wenn Menschen und Traditionen erst einmal verloren sind, ist es vorbei, es gibt kein Zurück. Ich dachte: ‚Wenn es sonst niemand macht, dann sollte ich es tun.‘ Ich habe meine Tante gebeten, die Werkzeuge nicht wegzuwerfen. Von da an begann ich als Shibori-Handwerker zu arbeiten.“
DER PROZESS
„Beim Shibori-Färben handelt es sich um einen vollständig manuellen Prozess. Dadurch ist die Anzahl an Exemplaren, die von einer einzelnen Person produziert werden kann, begrenzt und jedes Stück ist ein einzigartiges Kunstwerk. Allerdings ist sich kaum jemand dieser Prozesse bewusst, was zu der Tendenz führt, Shibori als maschinell hergestellte Massenartikel zu betrachten, bei denen niedrige Kosten und große Stückzahlen gefordert sind. Traditionelle Handwerkskunst trägt Geschichten und Bedeutung in sich. Ich glaube, dass wir mehr Menschen über diesen Aspekt aufklären müssen, damit sie die Kunstfertigkeit, die hinter jedem Exemplar steckt, zu schätzen wissen.“
TRADITION BEWAHREN
„Tradition umfasst die Weisheit, Techniken, Ideen und Irrtümer sowie die Bestrebungen unserer Vorgänger im Laufe der Zeit. Beim Shibori-Färben entstehen Falten und Farben, die nur von Menschenhand erzeugt werden können. Dabei wird das Gefühl vermittelt, dass man nie vergessen darf, wie wichtig es ist, sich um andere zu kümmern. In der heutigen Zeit, in der Maschinen und Computer fast alles leisten können, fühle ich mich gerade wegen dieser Bequemlichkeit dazu verpflichtet, das Shibori-Färben für zukünftige Generationen zu bewahren.“
ZUFALLSMETHODE
„Für diese Kollektion haben wir zwei Techniken verwendet: „Yukihana Shibori“ (Schneeflocken-Shibori) und „Tesuji Shibori“ (handgenähtes Shibori). Beide Techniken basieren auf zufälligen Färbemethoden, was bedeutet, dass wir erst wissen, wie das Muster aussieht, wenn das Shibori entwirrt ist. Wir haben den Stoff mehrmals gefärbt und wieder gefärbt, bis das gewünschte Muster im gesamten Material erkennbar war.“
ZUSAMMENARBEIT
„Es war eine außergewöhnliche Erfahrung, Teil eines Teams zu sein, in dem jeder hinter den Kulissen so gewissenhaft arbeitet. In der Welt des Shibori ist die Anzahl jedes Exemplars, das von einer Einzelperson handgefertigt wird, auf eine kleine Stückzahl begrenzt. Diese Exemplare reichen oft nicht über Japan oder Kyoto hinaus, aber ich freue mich, dass Shibori durch unsere Zusammenarbeit mit COS den Menschen auf der ganzen Welt präsentiert wird. Für mich als Künstler ist das die größte Freude.“
‘SHIBORI EMBODIES THE WRINKLES AND DYE THAT CAN ONLY BE CREATED BY HUMAN HANDS.’
SCHNELLFRAGERUNDE
COS
Was sollte man in Kyoto besichtigen?
KT
„Keihoku, Ayabe, Hiyoshi und Miyama, um die vier Jahreszeiten zu erleben.“
COS
Welche Musik hören Sie im Studio?
KT
„Anime-Soundtracks, alt und neu.“
COS
Ihr japanischer Lieblingsfilm?
KT
„Doraemon: Nobitas Neuer Dinosaurier.“
COS
Wie würden Sie Ihren Sohn beschreiben?
KT
„Als eine Quelle der Kraft.“